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Niereninsuffizienz beim Hund

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Niereninsuffizienz ist bei Hunden eine der häufigsten Erkrankungen im fortgeschrittenen Alter und auch eine der häufigsten Todesursachen. Etwa 15-20% der älteren Hunde sind davon betroffen. Das Heimtückische an dieser Krankheit ist, dass sie lange unbemerkt und ohne Komplikationen verläuft. Bis die ersten Symptom auftreten ist die Niere schon schwer geschädigt und die Lebensqualität des Hundes beeinträchtigt. Trotzdem kann man viel tun, um die Krankheit zu stoppen und dem Hund ein angenehmes Leben zu ermöglichen.

Was passiert, wenn die Nieren streiken? Und was kann man dagegen tun?

Die Aufgaben der Niere beim Hund

Die Nieren sind in erster Linie ein Ausscheidungsorgan, erfüllen aber im Säugetierkörper noch weitere wichtige Funktionen. Die wichtigste Aufgabe der Nieren ist die Filtration des Blutes und die Ausscheidung von Schadstoffen und Stoffwechselendprodukten über den Harn. Darüber hinaus produziert die Niere Hormone, die unter anderem den Blutdruck oder die Bildung von roten Blutkörperchen regulieren, ist am Vitamin D Stoffwechsel beteiligt und steuert das Säure-Basen-Gleichgewicht des Körpers.

Entgiftung durch die Nieren

Die Nieren entgiften den Körper, indem Sie Schadstoffe und Stoffwechselendprodukte über den Harn ausleiten. Der Harn besteht hauptsächlich aus Wasser, enthält aber auch die so genannten harnpflichtigen Substanzen. Das sind Elektrolyte und stickstoffhaltige Stoffwechselendprodukte.

Um das zu bewerkstelligen erzeugt die Niere durch Druckfiltration große Mengen an Primärharn, der alle niedermolekularen Substanzen enthält. Nur große Moleküle und die Blutzellen werden zurückgehalten. Der Primärharn enthält auch wertvolle Substanzen, die nicht ausgeschieden werden sollen. Deshalb werden anschließend alle nicht harnpflichtigen Substanzen und der Großteil des Wassers wieder entzogen. Klingt umständlich, hat aber den Vorteil, dass auch unbekannte Giftstoffe, für die es kein Transportsystem gibt, ausgeschieden werden können.

Säure-Basen-Gleichgewicht

Die Nieren resorbieren Bicarbonat aus dem Primärharn. Bicarbonat ist Bestandteil eines wichtigen Puffersystems, das den pH Wert des Blutes konstant hält. Das ist wichtig, denn schon bei geringen Abweichungen vom Sollwert verändern Proteine ihre Eigenschaften und verlieren unter Umständen ihre biologische Funktion.

Hormonproduktion

Die Nieren sind der Hauptort der Bildung von Erythropoetin, dem berühmtem Doping Hormon EPO. Es fördert die Bildung von roten Blutkörperchen im Knochenmark, wenn es über den Blutstrom dorthin gelangt. Die Nieren werden zur EPO Bildung angeregt, wenn das Blut der Nierenarterien nicht genügend Sauerstoff enthält.

Regulation des Blutdrucks durch Renin

Renin ist ein hormonähnliches Enzym, das in seiner aktiven Form eine Reaktionsfolge in Gang setzt, die zur Verengung der Blutgefäße und damit einer Steigerung des Blutdrucks führt. An diesem Prozess ist auch das Angiotensin Converting Enzyme (ACE) beteiligt.

Aktivierung von Vitamin D

In der Niere wird Vitamin D aus einer inaktiven Vorstufe, dem 25-Hydroxycholecalciferol oder Calcidiol, in seine aktive Form, 25-Hydroxycholecalciferol oder Calcitriol, umgewandelt. Vitamin D spielt eine wesentliche Rolle beim Knochenaufbau. Aber nicht nur. Es erfüllt noch eine Vielzahl weitere Funktionen im Stoffwechsel. Seine umfassende Bedeutung wird gerade erst erkannt.

Niereninsuffizienz beim Hund

Von einer Niereninsuffizienz spricht man bei einer Unterfunktion der Nieren in deren Folge harnpflichtige Substanzen, die normalerweise über den Urin ausgeschieden werden, in erhöhter Konzentration im Blut nachgewiesen werden können. Dabei handelt es sich um stickstoffhaltige Stoffwechselprodukte wie Harnsäure, Harnstoff, Kreatinin und Elektrolyte wie Kalium, Natrium, Chlorid und Ammonium.

Eine Niereninsuffizienz stellt einen lebensbedrohlichen Zustand dar. Die Leistung der Nieren ist stark herabgesetzt. Der Ausfall reicht bis zum völligen Versagen. Es kommt zu einer Anreicherung von Giftstoffen im Körper, die wiederum weitere Schäden verursachen. Eine Niereninsuffizienz endet häufig mit dem Tod.

Man unterschiedet zwischen akuter und chronischer Niereninsuffizienz.

Akute Niereninsuffizienz

Eine akute Niereninsuffizienz (ANI) zeichnet sich durch eine schnelle Abnahme der Nierenfunktion aus und ist oft komplett reversibel. Die Ursachen für die akuten Niereninsuffizienz können prärenal (vor der Niere), renal oder postrenal in den Harnwegen liegen. In Fällen, die durch prärenale oder postrenale Faktoren ausgelöst werden, stehen die Chancen auf eine komplette Heilung gut.

Das Hauptproblem, das eine akute Niereninsuffizienz darstellt ist die Einschränkung der Filtration und Probleme mit der Ausscheidung der Giftstoffe.

Ein akute Niereninsuffizienz ist ein medizinischer Notfall und muss innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen intensivmedizinisch versorgt werden. Sonst steigt das Risiko, dass die Schäden irreversibel werden und sich eine chronische Niereninsuffizienz entwickelt.

Prärenale Faktoren

Ein starker Blutdruckabfall durch starke Blutungen, Schock, Hitzschlag oder Herzversagen können der Auslöser sein. Oder ein verringertes Blutvolumen durch starken Durchfall oder starkes Erbrechen, Verbrennungen, Unterkühlung, Blutvergiftung oder entzündliche Prozesse. Auch Gefäßverschlüsse kommen als Auslöser in Frage.

Renale Faktoren

Renale Faktoren betreffen die Niere selbst. Das können endogene Toxine sein, die als Folge bestimmter Erkrankungen der inneren Organe vom Körper freigesetzt werden. Oder exogene, fremde Toxine wie Schwermetalle, Medikamente, Giftpflanzen oder auch eine Überdosis Vitamin D. Auch eine bakterielle oder virale Nierenentzündung kann eine akute Niereninsuffizienz auslösen.

Postrenale Faktoren

Postrenale Faktoren betreffen die ableitenden Harnwege. Die Auslöser sind Blockaden durch Abszesse, Tumore, eine Blasenlähmung oder bei Rüden Prostataerkrankungen, die den Harn stauen.

Chronische Niereninsuffizienz beim Hund

Die chronische Niereninsuffizienz (CNI) verläuft über einen längeren Zeitraum und über mehrere Krankheitsstadien. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass Nierengewebe abstirbt und die Niere irreversibel geschädigt wird.

Die Krankheit verläuft in sechs Stadien, die nach der glomerulären Filtrationsrate (GF) bzw. deren Abnahme eingeteilt werden. Die ersten Stadien verlaufen komplett ohne Symptome. Das gesunde Nierengewebe ist in der Lage, die Filtrationsrate auf das Dreifache zu steigern und kompensiert dadurch den Leistungsabfall durch das abgestorbene Gewebe.

Erst wenn etwa 75% des Nierengewebes abgestorben sind, kommt es zu Symptomen. In den frühen Stadien kann eine Niereninsuffizienz nur anhand der Nierenwerte im Blut festgestellt werden. Wenn so genannte harnpflichtige Substanzen wie Harnsäure, Harnstoff oder KKreatinin vermehrt im Blut auftauchen, ist das ein Hinweis auf eine eingeschränkte Nierenfunktion.

Durch ihren langsameren und länger andauernden Verlauf beeinträchtigt die chronische Niereninsuffizienz auch die übrigen Funktionen der Niere und verändert auch die Hormon- und Blutbildung. Dadurch sind dann auch weitere Funktionen wie Knochenstoffwechsel, Blutgerinnung, Blutdruck und Vitamin- und Hormonhaushalt betroffen.

Die Ursachen der chronischen Niereninsuffizienz sind nicht immer ganz klar. Bis zur Diagnose vergeht viel Zeit und das Nierengewebe ist oft schon vernarbt, so dass der ursächliche Auslöser nicht mehr bestimmt werden kann. Alter spielt offensichtlich eine Rolle, den die chronische Niereninsuffizienz tritt vor allem bei älteren Hunden auf. Auch eine Rassedisposition ist denkbar, denn mache Rassen sind vermehrt betroffen.

Symptome

Die Hauptsymptome der Niereninsuffizienz sind vermehrter Durst und Harnabsatz sowie häufiges Erbrechen. Lethargie, Appetitmangel und Gewichtsverlust können auf eine Niereninsuffizienz hinweisen.

Außerdem können ein mattes, struppiges Fell, Müdigkeit, sinkende Aktivität oder Juckreiz ein Hinweis auf eine Nierenerkrankung sein. Entzündungen der Mundschleimhäute. Im Spätstadium auch Anämie und Mundgeruch nach Urin.

Dabei ist aber zu beachten, dass die Frühstadien der Niereninsuffizienz keinerlei Symptom hervorrufen und allein an den Blutwerten erkannt werden können. Allerdings ändert sich das spezifische Harngewicht schon bei einer leichten Leistungseinschränkung der Niere. Auch Protein im Urin, was sich durch Schaumbildung bei Wasserlassen anzeigt, kann ein Indiz für eine beginnende Nierenerkrankung sein.

Folgekrankheiten

Da die Niere neben der Entgiftung weiter Funktionen erfüllt, kommt es im längeren Verlauf einer chronischen Niereninsuffizienz zu Folgeerkrankungen wie Störungen des Mineral- und Knochenstoffwechsels und Anämie.

Mineral- und Knochenstoffwechsel

Ab Stufe drei der chronischen Niereninsuffizienz nimmt die Phosphatausscheidung in den Urin ab. Dadurch steigt der Phosphatspiegel im Blut. Als Folge davon nimmt in der Niere die Rate der Aktivierung von Vitamin D zu Calcitriol, der aktiven Form des Vitamins, ab. Der Blutspiegel sinkt und die Kalziumaufnahme im Darm nimmt ab. Eine gesunde Niere würde diese Kaskade hormongesteuert unterbrechen und gegensteuern, aber der kranken Niere fehlt dieser Mechanismus.

Ein hoher Phosphatspiegel im Blut führt zur Abgabe von Parathormon ins Blut und ein hoher Parathormonspiegel fördert die Freisetzung von Kalzium und Phosphat aus den Knochen. Die Knochensubstanz nimmt ab, die überschüssigen Mineralien werden als Kalziumphosphat in Gefäßen und Weichteilen gelagert, was wieder neue Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislaufkomplikationen nach sich zieht.

Anämie

Die Nieren sind auch der der Syntheseort des Hormons Erythropoetin, das im Knochenmark die Bildung von roten Blutkörperchen fördert. Eine Abnahme der Erythropoetin Produktion in der kranken Niere zieht demnach eine Abnahme des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin nach sich. Die Folge ist eine Anämie, die einen Abfall der körperlichen Leistungsfähigkeit mit sich bringt.

Behandlung

Eine chronische Niereninsuffizienz ist nicht heilbar. Alles was man tun kann, ist, den Verlauf so lange wie möglich herauszuzögern, indem man das Gewebe weitgehend schont.

  • Eine spezielle Nierendiät, die der Hund beim chronischen Verlauf lebenslang einnehmen muss, ist daher der Hauptansatzpunkt der Behandlung.
  • ACE Hemmer, sind Blutdruck senkendes Mittel die zum Schutz der Niere gegeben werden, denn sie erwirkt die erhöhte Filtrationsleistung des gesunden Gewebes durch eine Steigerung des Blutdrucks.
  • In der Homöopathie kommen Präparate mit den Wirkstoffen Ammonium carbonicum, Kalium carbonicum und Lycopodium clavatum zum Einsatz.
  • Phosphatbinder in der Nahrung verhindern die Phosphataufnahme und entlasten damit die kranke Niere, die mit einer herabgesetzten Phosphatausscheidung zu kämpfen hat.
  • Durchblutungsfördernde Medikamente
  • Und last but not least eine ständige Kontrolle durch den Tierarzt.

Ernährung des Hundes bei Niereninsuffizienz

Wie schon angedeutet kommt einer speziellen Nierendiät eine große Bedeutung bei der Behandlung der Niereninsuffizienz zu. Das Ziel ist es, dem Körper möglichst viele Nährstoffe und möglichst wenige belastende Substanzen zu liefern. Die Nahrung ist in der Regel eiweißreduziert. Das enthaltene Eiweiß muss von sehr hoher biologischer Wertigkeit sein. Seine Zusammensetzung soll der des Körpereiweißes des Hundes also möglichst ähnlich sein. So wird gewährleistet, dass möglichst wenig stickstoffhaltiger Abfall aus dem Proteinstoffwechsel anfällt. Pflanzliches Protein ist daher weniger geeignet. Es gibt allerdings leise Stimmen, die anmerken, dass eine Eiweißreduktion eventuell kontraproduktiv ist, denn der Körper benötigt Eiweiß für den Baustoffwechsel und wenn er keines bekommt baut er körpereigenes Gewebe ab, also Muskelmasse, und wird dadurch zusätzlich geschwächt.

Auf jeden Fall muss die Nierendiät wegen des gestörten Elektrolythaushaltes natrium-, kalium-, magnesium- und phosphatarm sein.

Die Nierendiät sollte energiereich und schmackhaft sein, denn die betroffenen Hunde leiden oft unter Appetitlosigkeit. Die Zutaten sollten eine möglichst geringe Schadstofflast tragen, um die kranke Niere nicht zusätzlich zu belasten. Am besten eignet sich Bioqualität.

Spezielles Nierenfutter ist als Nass- oder sogar Trockenfutter im Handel erhältlich. Es ist eiweißreduziert und enthält kaum Phosphat. Ansonsten unterscheidet es sich nicht von herkömmlichem Hundefutter.

Wasser ist ein ganz wichtiges Thema bei der Ernährung eines nierenkranken Hundes. Die kranke Niere ist nicht mehr in der Lage, den Harn zu konzentrieren und scheidet große Mengen Wasser aus. Deshalb muss der Hund reichlich trinken, damit er nicht innerlich austrocknet. Es ist sinnvoll, Trockenfutter in Wasser einzuweichen (noch sinnvoller ist es, auf Trockenfutter zu verzichten) und auch dem Nassfutter kann man etwas Wasser beimengen.

Was gibt man als Leckerli?

Das möchte man ja nicht: seinem Hund nie wieder ein Leckerli zustecken dürfen. Aber man muss tatsächlich nicht darauf verzichten. Eine Möglichkeit ist, einen Teil der schmackhaften Ration zurückzubehalten und direkt als Leckerli zu servieren. Manche Hundehalter bereiten daraus auch einen Teig zu, den sie dann zu Plätzchen backen.

Es gibt aber auch nierenfreundliche natürliche Leckereien, die man dem Patienten mal zustecken kann, zum Beispiel frische Speckwürfelchen oder Gemüsechips aus Möhren, Sellerie oder roter Bete, die man, in hauchdünne Scheiben geschnitten, in heißem Kokosöl ausbrät.

Niereninsuffizienz beim Hund – Prognosen, Verlauf, Lebeserwartung – wie sieht die Zukunft aus?

Eine chronische Niereninsuffizienz ist eine unheilbare Krankheit. Wenn das Nierengewebe erst einmal zerstört ist, kann es nie wieder ersetzt werden und der Körper muss mit dem verbleibenden zurechtkommen. Man kann den Verlauf allerdings durch besonnenes Verhalten verlangsamen, indem man sich ausnahmslos an die tierärztlichen Anweisungen hält.

Je früher die Krankheit diagnostiziert wird, desto besser ist die Prognose. Deshalb ist es sicher kein Fehler, einen älteren Hund beim Tierarzt auf eine Nierenkrankheit hin untersuchen zu lassen, auch wenn er keine Symptome zeigt.

Eine Niereninsuffizienz ist eine Krankheit, mit der der Hund sein ganzes weiteres Leben verbringt. Der Therapieerfolg hängt stark von der Therapiebereitschaft des Besitzers ab. Unter günstigen Umständen kann man durchaus noch einige Jahre mit der geliebten Fellnase verbringen.

Fazit

De Nieren erfüllen im Stoffwechsel neben der Entgiftung verschiedene weitere Aufgaben. Bei einer Unterfunktion der Nieren, bei der harnpflichtige Substanzen mit dem Urin nicht ausgeschieden sondern im Blut angehäuft werden, spricht man von einer Niereninsuffizienz. Sie kann akut oder chronisch verlaufen.

Der chronische Verlauf ist dadurch gekennzeichnet, dass Nierengewebe abstirbt und unwiederbringlich verloren geht. Eine Heilung ist ausgeschlossen. Der Krankheitsverlauf kann durch eine spezielle Nierendiät unter tierärztlicher Kontrolle verlangsamt werden.

 

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