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Blättermagen – eine Wohltat für den Hundedarm

Barfer kennen ihn, „das stinkende Teil“, das trotz oder vermutlich gerade wegen seines penetranten Geruchs von den meisten Vierbeinern geliebt wird und bei dem es den Zweibeinern morgens auf nüchternen Magen gerne mal dezent übel werden kann.

Deshalb stellt sich vielen Hundehaltern und vielleicht auch Dir die Frage, „Braucht mein Hund das wirklich oder kann darauf verzichten werden?“.

Schauen wir uns das einfach mal genauer an.

Was ist eigentlich ein Blättermagen?

Anatomisch gesehen ist der Blättermagen der dritte Vormagen von Wiederkäuern, also zum Beispiel von einem Rind. Die vom Rind aufgenommene Nahrung gelangt zunächst in den Pansen. Dort werden die schwerverdaulichen Pflanzenfasern von Milliarden von säureproduzierenden Bakterien und Einzellern aufgespalten. Der Pansen funktioniert sozusagen wie eine große Biogasanlage, er hat ein Volumen von bis zu 100 Litern und kann darin 60kg Futter aufnehmen. Die Kohlenhydrate (Zellulose, Pektine, Zucker) und Proteine werden in der Pansen-Gärkammer aufgespalten und verdaulich gemacht. Mit Hilfe des Netzmagens wird der Nahrungsbrei dann „hochgewürgt“ und erneut gekaut. Dann schluckt das Rind sie wieder und alles wird erneut aufgespalten. Wenn das Futter nach etwa ein bis drei Tagen genug zersetzt ist, wird es nach und nach über den Netzmagen an den Blättermagen weitergegeben. Der Blättermagen ist kleiner als der Pansen, da er nur „schluckweise“ die wiedergekäute Nahrung aufnehmen muss. Er hat etwa die Größe eines Medizinballs. Seinen Namen erhielt er durch sein Aussehen: die äußeren Schleimhautfalten sind wie Blätter längs aufeinander aufgeschichtet, so dass es wie die Blätter eines Buches erscheint. Die dadurch vergrößerte Oberfläche der Hautschichten dient der Hauptaufgabe des Blättermagens: der Resorption (Aufnahme) von Wasser und wasserlöslichen Nährstoffen aus dem Futterbrei. Außerdem baut er weiterhin mit Hilfe von Mikroorganismen Futterbestandteile ab. Anschließend gelangt die jetzt eingedickte Nahrung in den Labmagen, den eigentlichen Magen des Rindes und wird von dort an den Dünn- und dann den Dickdarm weitergegeben.

Was macht die Mägen so wertvoll für Deinen Hund?

Du weißt jetzt also, was es mit den Mägen der Wiederkäuer auf sich hat und welche Funktion sie jeweils haben. Beide wichtigen Mägen enthalten den vorverdauten, fermentierten Nahrungsbrei des Wiederkäuers. Das bedeutet, dass die für den Hund unverdauliche Zellulose der pflanzlichen Nahrung aufgespalten vorliegt und damit für ihn verwertbar ist.

Außerdem enthalten Pansen sowie Blättermagen viele Mikroorganismen (in einem Pansen sind es bis zu 7kg Bakterien, für den Blättermagen liegen keine genauen Zahlen vor). Für Deinen Hund besonders interessant ist das Milchsäurebakterium Lactobacillus Acidophilus, das als probiotisches Bakterium das Wachstum schädlicher Bakterien im Hundedarm hemmt, dadurch die Darmflora stabilisiert und die Verdauung optimieren kann. Lactobacillus Acidophilus produziert Vitamin K und ist, im Gegensatz zu vielen anderen Bakterien, säureresistent. Das heißt, wenn Dein Hund die im Pansen und Blättermagen enthaltenen Bakterien schluckt, überlebt der Lactobacillus Acidophilus die Magensäure und kann auch wirklich in seinem Wirkungsort, dem Darm, ankommen.

Pansen und Blättermagen enthalten zudem einige Mineralstoffe und Vitamine, da diese ja beim Verdauungsvorgang aus dem Nahrungsbrei gelöst werden und nun frei verfügbar vorliegen.

Was ist dann der Unterschied zwischen Pansen und Blättermagen?

Gehen wir dazu der Reihe nach die wichtigsten Nährstoffe durch. Zur besseren Übersicht habe ich Dir alles in einer Tabelle dargestellt, die ich zwischendurch immer wieder erkläre. Dabei vergleiche ich den Blättermagen mit Pansen sowie mit Rindfleisch, einmal durchwachsenes Rindfleisch (etwa 15-20% Fett) und einmal mageres Rindfleisch (etwa 5%). Wem das alles zu kompliziert ist und zu viele Zahlen sind, der überspringt die Tabellen einfach und liest die Zusammenfassung. Alle Angaben sind natürlich als Durchschnittswerte zu betrachten.

Zunächst das Offensichtliche: der Blättermagen liegt funktionell „hinter“ dem Pansen, so dass er die im Pansen bereits zersetzen, vorverdauten Futterrückstände enthält, die im Blättermagen selbst dann noch einmal aufgeschlossen werden. Die pflanzlichen Bestandteile im Blättermagen sind daher noch weiter aufgeschlossen als im Pansen und damit besser verdaulich für den Hund.

Im Vergleich zum Muskelfleisch sind Pansen und Blättermagen etwas weniger gut verdaulich, dennoch immer noch deutlich besser als bei anderen bindegewebsartigen Produkten wie Euter oder Sehnen, deren Verdaulichkeit bei unter 90% liegt. Das kann zu Flatulenzen, Fehlgärungen und Dysbiosen im Darm und dadurch zu Durchfall führen. Die bessere Verdaulichkeit des Blättermagens gegenüber dem Pansen kann auch am Fettgehalt liegen, der beim Blättermagen geringer ist als beim Pansen, was sich in der Kalorienanzahl niederschlägt.

Blättermagen hat einen weiteren entscheidenden Vorteil gegenüber Pansen: Er enthält weniger Proteine, da diese im Pansen bereits in großer Zahl aufgespalten wurden. Dadurch ist eine Fütterung von Blättermagen hilfreich, um den hohen Proteingehalt bei Fleischfütterung etwas zu regulieren. Des Weiteren enthalten sowohl Blättermagen als auch Pansen im Vergleich zum Muskelfleisch noch geringe Mengen an Calcium, dafür nur wenig Phosphor. Dies führt dazu, dass Pansen wie auch Blättermagen ein ausgeglichenes Calcium-Phosphor-Verhältnis von 1:1 haben. Die Phosphormenge im Fleisch muss ja sozusagen über die Fütterung von Knochen, die sehr viel Calcium enthalten, ausgeglichen werden, um etwa auf ein Ca – P – Verhältnis von 1,3:1 zu kommen. Weder Blättermagen noch Pansen führen dazu, dass dieses Verhältnis ins Ungleichgewicht gerät, was die Fütterung der Mägen sehr wertvoll macht.

Kommen wir zu den weiteren Mineralien:

Bei den Mineralien zeigt sich ein eher schwankendes Bild. Während Kalium in Blättermagen und Pansen kaum vorhanden ist, ist Magnesium bei beiden Mägen in größerer Konzentration enthalten als im Muskelfleisch. Insbesondere bei Eisen fällt der Pansen sehr ins Auge, doch auch der Blättermagen ist hier noch besser aufgestellt als das Muskelfleisch. Zwar sind bei Kupfer, Zink und Mangan die enthaltenen Mengen sehr gering, es wird dennoch deutlich, dass der Blättermagen hier sogar die Nase vor dem Pansen hat. Auch bei Natrium liegt der Blättermagen vor dem Pansen und sogar vor magerem Rindfleisch.

Bei den Mineralien kann zusammenfassend also insbesondere Eisen und Magnesium hervorgehoben werden, die jeweils im Pansen in höherem Maße vorhanden sind als im Blättermagen, aber immer jeweils noch mehr als im Muskelfleisch.

Schauen wir uns jetzt noch die Vitamine an:

Bei den Vitaminen fällt sofort auf, dass der Blättermagen keine nennenswerten Mengen hiervon mehr enthält. Im Pansen ist das fettlösliche Vitamin A, das jedoch auch im Muskelfleisch nur in geringer Menge vorliegt, noch in geringer Menge vorhanden, ebenso Vitamin E. Das wasserlösliche Vitamin C und insbesondere die Vitamine der B-Komplex-Gruppe sind im Pansen teilweise bemerkenswert hoch, da diese dort, ebenso wie Vitamin K, sogar synthetisiert (hergestellt) werden.

Bezüglich der Vitamine und auch der meisten Mineralien ist der Blättermagen dem Pansen also deutlich unterlegen, der Pansen kann hier gegenüber dem Muskelfleisch jedoch teilweise punkten. Bei den meisten Mineralien, insbesondere Eisen sowie Magnesium und Natrium, ist der Blättermagen dem Pansen teilweise überlegen. Außerdem ist er fettärmer, besser verdaulich und proteinärmer sowie phosphorärmer als der Pansen und verfügt, wie der Pansen, über ein besseres Ca – P – Verhältnis als Muskelfleisch.

Nachdem wir uns nun also angeschaut haben, dass der Blättermagen wie der Pansen wertvolle Mikroorganismen sowie einige Mineralien enthält, stellst Du Dir sicher die Frage: „Also was nun? Ist das Stinkezeug deshalb wirklich so gut, dass mein Hund das braucht?“

Dazu kann ich Dir keine genaue Antwort geben, ich kann nur sagen„es kommt darauf an“.

Denn Blättermagen ist nicht gleich Blättermagen.

Es kommt auf die Nahrung an, die das Rind gefressen hat. Wurde es als Weiderind gehalten, das ausschließlich frisches Gras, Kräuter und Klee zu sich genommen hat, so ist der Pansen- und Blättermageninhalt mit genau diesen wertvollen Ballaststoffen, sekundären Pflanzenstoffen und aufgeschlüsselten Zellulosefasern gefüllt, die für den Hund zusätzlich zu den Mineralien und enthaltenen Mikroorganismen einen absoluten Mehrwert besitzen. Achte dann aber darauf, ob Fremdkörper im Pansen/Blättermagen enthalten sind. Rinder sortieren kleine Steinchen, Metalö- oder Plastikteile nicht aus. Wenn diese im Schlachthof nicht entdeckt wurden, sind sie möglicherweise immer noch im Magen enthalten.

Stand das Rind aber als Mastvieh im Stall, wurde es neben Grobfutter wie Heu und Silage, vorwiegend mit Kraftfutter ernährt. Kraftfutter besteht u.a. aus Mais, Gerste, Roggen oder Weizen, aber auch aus Sojaextrakten und Raps. Der Blättermagen eines Mastrindes enthält dann zwar noch einige gute Bakterien und ggf. Mineralien und ist weiterhin fett- und proteinarm, die aufgeschlüsselten Bestandteile sind dann jedoch nicht als sekundäre Pflanzenstoffe zu gebrauchen. Darüber hinaus ist hier Vorsicht geboten! Hast Du einen Hund, der eine Unverträglichkeit gegen Getreide, Soja oder Mais hat, dann solltest Du auch die aufgeschlüsselte Form dieser Produkte im Pansen und Blättermagen meiden und auf den Blättermagen eines Weiderindes zurückgreifen.

Auch zu beachten ist, dass die meisten Barfer ihre Fleischbestandteile gefroren beziehen. Enzyme und Bakterien können bei sachgerechtem Einfrieren und Lagern für einige Wochen bis Monate erhalten werden, sodass sie nach dem Auftauen wieder aktiv sind. Es ist unklar, inwieweit hier beim Frostvorgang immer darauf geachtet wird, dies so schonend wie möglich zu machen. Deshalb sollten wir davon ausgehen, dass einige Enzyme und Bakterien den Einfrierprozess nicht überleben, ein gewisser Teil jedoch auch nach dem Auftauen noch lebt.

Was Du nicht machen solltest, ist den Blättermagen oder Pansen zu erhitzen. Einmal abgesehen von Deiner Wohnung, die derart stinken wird, dass Du spontan einen Kurzurlaub antreten wirst, werden die meisten Enzyme und Bakterien ab 40°C denaturiert und damit unbrauchbar.

Wenn Du also die Möglichkeit hast, einen frischen Blättermagen vom Weiderind zu bekommen, stellt sich die Frage, ob Dein Hund das braucht, also nicht. Nase zu und rein in den Hund mit dem Stinkezeug!

Wenn Du einen eingefrorenen Blättermagen vom Weiderind kaufst und Dein Hund gesund ist, empfiehlt sich die Fütterung ebenso. Am besten Du kaufst Pansen und Blättermagen am Stück, dann muss Dein Hund noch kräftig kauen. Für ältere Hunde empfiehlt es sich, dem Blättermagen den Vorzug vor dem Pansen zu geben, da dieser leichter verdaulich und damit besser verträglich ist. Hier kannst Du auch auf kleinere Stücke zurückgreifen.

Du hast nur die Möglichkeit, einen gefrorenen Blättermagen vom Masttier zu füttern? Dann ist es eine Abwägungssache. Bei einem rundum gesunden Hund, der den Blättermagen gut verdaut und verträgt, hat er immer noch die Funktion, den hohen Proteingehalt der restlichen Fleischsorten zu senken und ist eine kalorienarme Ergänzung, die den meisten Hunden gut schmeckt. Und da Barfer nach dem Beutetierprinzip füttern, gehören eben nicht nur hochwertige Muskelfleischsorten und Filets, sondern eben auch ab und an ein Magen mit auf den Speiseplan.

Eine Ausnahme bilden kranke Hunde: Hat Dein Hund Probleme mit der Verdauung, eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse oder entzündliche Darmerkrankungen, ist der Blättermagen zwar besser verdaulich als Pansen, dennoch schwerer verdaulich als das Muskelfleisch. Daher sollte bei kranken Hunden eine Gabe immer nur in Absprache mit dem Tierarzt oder Deinem Ernährungsberater erfolgen.

Wie oft und wieviel Blättermagen braucht Dein Hund?

Wenn Dein Hund Blättermagen bekommen darf und ihn gut verträgt, berechnet sich die Menge folgendermaßen:

Du hast ja bestimmt die Gesamtmenge des tierischen Futteranteils bereits berechnet (je nach Hund, Aktivität etc.) 2-4% des Körpergewichts – von dieser Menge nimmst du 15-20%. Als Beispiel: ein 20kg schwerer Hund bekommt beispielsweise 400g Futter am Tag, davon 320g Fleisch und 80 Gemüse. Von diesen 320g Fleisch rechnest du nun 15-20%, dieser 20kg Durchschnittshund bekäme also etwa 50-60g Blättermagen am Tag bzw. etwa 350-450g in der Woche. Am besten Du wechselst zwischen Blättermagen und Pansen ab, dann hast Du alle positiven Eigenschaften der beiden Mägen.

Wie oft Dein Hund Blättermagen bekommen sollte, ist sehr individuell – das musst Du ausprobieren. Für manche ist ein reiner Pansen/Blättermagen-Tag in der Woche kein Problem, bei anderen führt dies zu regelrechten Giftgasattacken auf die Zweibeiner. Dann sind möglicherweise jeden Tag kleine Mengen oder auch nur 5% der tierischen Futtermenge völlig ausreichend. Verträgt Dein Hund gar keinen Blättermagen/Pansen oder darf diesen aus verschiedenen krankheitsbedingten Gründen nicht fressen, so fehlt es ihm nicht an essentiellen Nährstoffen, da diese auch alternativ zugeführt werden können. Lass dich hierzu am Besten beraten!

Nebenwirkungen“ von zuviel Blättermagen können sein: Durchfall, Blähungen, Bauchkrämpfe, „Pupserei“, Magengrummeln, da wie beschrieben die Verdaulichkeit etwas geringer ist als beim Muskelfleisch. Taste Dich langsam heran und gewöhne Deinen Hund erst an kleine Mengen. Verträgt er diese kleinen Mengen gut, kannst Du langsam steigern.

Mehr als die angegebene Maximalmenge von 20% des tierischen Anteils des Futters führt außerdem dazu, dass die anderen Futtermittel nicht mehr in ausreichendem Maße gefüttert werden können. Die unverhältnismäßige Fütterung von Blättermagen bedingt dann Nährstoffmängel.

Eine nicht zu unterschätzende Nebenwirkung ist außerdem, dass Dir eben möglicherweise schlecht wird. Hierzu gibt es keine wirkliche Abhilfe außer Luft anhalten, Handschuhe anziehen und schnell arbeiten… Du hast noch andere Tipps? Dann kommentiere gerne, damit hilfst Du sicher vielen Leser/innen weiter!

Ein Tipp noch: Achte beim Kauf immer darauf, dass Du keinen weißen Pansen erwischst, sondern den grünen, ungeputzen und nur grob ausgeschüttelten Pansen und Blättermagen – warum dürfte nun klar sein. Auf den Inhalt kommt es an!


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